django013 hat geschrieben: ↑10.11.2018, 15:06
Dann mach doch mal. Vielleicht kann ich was bei lernen?
Gerne!
Hier mal die offensichtlichen Sachen, die man anhand der Bilder relativ leicht erkennen kann.
Eine Baugruppenzeichnung dazu würde sicherlich noch mehr zu Tage tragen.
• Die Lager an sich sind nicht abgedichtet, das heißt, dass das Schmiermittel raus und Dreck reinkommen kann. In der Spindel ist aber weder eine Schmiermittelzu-, noch eine -abfuhr integriert. Von einer langen Lagerlaufzeit ist also nicht auszugehen.
• Es scheint, dass die Spannzangen mit O-Ringen zusammengehalten werden. Ist nur eine Frage der Zeit bis die reißen. Selbst wenn es normale Gummis seien, sind hier Wurmfedern angebracht.
• Bei Antriebswellen setzt man eigentlich auf Einsatzstahl, damit man die Randschichten der Wellenoberfläche einhärten kann, aber der Kern weich bleibt. Dadurch ist die Welle außen sehr widerstandsfähig und verschleißfest, hat aber durch den weichen Kern eine erheblich bessere Biege- und Wechsellastfähigkeit sowie Dauerfestigkeit.
Deswegen ist vergüteter (= Härten + Anlassen) Kohlenstoffstahl bei Antriebsteilen eigentlich ein No-Go.
Anhand des Wellenschnittes sieht man aber sofort, dass die Welle auf keinen Fall einsatzgehärtet sind, wahrscheinlich nicht mal gehärtet. Weder im Kegel, noch den Lagersitzen, noch im Spannbereich.
• Unter der sehr wohlwollenden Voraussetzung, dass sie die Lager korrekt festgelegt haben (wovon erfahrungsgemäß nicht immer auszugehen ist), wurde eine angestellte X-Anordnung gewählt. Sollte es doch eine Fest-Los-Lagerung sein, wäre auf Basis der Bilder die Lagerfestlegung falsch (Anschläge und Passscheiben zum Einstellen der Lager fehlen). Darüber hinaus sollten für die Loslagersitze geschliffen sein, sonst kann das Lager klemmen. Das scheint nicht der Fall zu sein.
Aber zurück zur X-Anordnung.
Die ist an dieser Stelle völlig fehl am Platz, da sowohl die Kräfte durch die Verspannung am Riemen, als auch die am Fräser angreifenden Kräfte außerhalb der Lagerung angreifen. Dafür wählt man eine O-Anordnung.
• Außerdem sind die Lagerabstände viel zu gering, die scheinen geringer zu sein als die Höhe der Lagerpaare. Das führt vor allem bei angestellten Lagerungen im Betrieb zu Verpannungen, unerwünschten Biegungen der Welle und allgemein zu hohen Lagerbelastungen.
• Was sich nicht mit Sicherheit sagen lässt, was das für Wellenmuttern sind. Sie haben radiale Gewindestifte, die Frage ist nun, ob diese Gewindestifte das Muttergewinde zerstören oder nicht. Falls dem so ist, wäre das natürlich schlecht.
Bei normalen Anwendungen setzt man bei der axialen Festlegung von Zahnrädern, Zahnrädern, etc. meistens auf eine Wellenmutter mit Sicherungsblech. Die sind bei Werkzeugwechselspindeln aber ungeeignet, da das einerseits Unwucht in die Spindel einbringt, und andererseits die Lagerringe zur Wellenachse hin verkippen kann. Deswegen setzt man da Wellenmuttern mit geschliffenen Planflächen und genauerem Gewinde ein, bei denen die Verknappung einstellbar ist (z.B. SKF KMT oder KMTA Serie).
Die dort eingesetzten Wellenmuttern scheinen aber an den Richtflächen sogar lackiert zu sein.
• Zurück zur Unwucht: Oben wird das Zahnriemenrad nur mit einer einzigen Passfeder gesichert. Erstens ist die Welle dadurch nicht spielfrei mit dem Antrieb verbunden, zweitens nicht sehr wechsellastfähig, drittens hat die Welle dadurch eine Unwucht. Letzteres ist aber nicht allzu tragisch, da die Spindel eh nur bei maximal 8000min-1 betrieben wird und unten an der Welle entsprechende Gewinde für Ausgleichsmadenschrauben zum Auswuchten vorhanden sind. Aber es ist immer besser, gar nicht erst Unwucht zu erzeugen. Das könnte zur Not auch dadurch erreicht werden, indem auf beiden Seiten der Welle eine Nut gefräst wird, das schwächt aber die Welle (unter besonderer Berücksichtigung der Kerbwirkung der Passnuten) nicht unerheblich.
• Die Zugstange und Zughülse sind zweiteilig ausgeführt und höchstwahrscheinlich über ein Gewinde verbunden.
Im Laufe der Zeit kann sich die Hülse aber losdrehen. Deswegen muss von unten immer eine Einstellmöglichkeit vorgesehen werden, die man dort vergeblich sucht. Dadurch kann es passieren, dass die Spindel nach einer Zeit nicht mehr richtig spannt.
Abgesehen davon ist die Spannhülse sehr kurz, das kann zur Selbsthemmung führen, insbesondere wenn die Spannzange ganz nach unten gefahren ist, da die Hülse dann kaum noch Stützbereich hat.
• Ich nehme mal an, die 280kg beziehen sich auf die Nenn-Anzugskraft des Federpakets, das entspräche knapp 2750N, was bei den angegeben Drehzahlen wahrscheinlich, ohne das jetzt explizit nachgerechnet zu haben, nicht für mehr als 3kW reicht. Langfristig ist mir persönlich das neben den geringen Drehzahlen nicht genug.
django013 hat geschrieben: ↑10.11.2018, 15:06
Er hat seine Sache nicht nur gut gemacht. Für mich war es die beste Wechslerspindel von der ich bislang gelesen habe - und ich habe schon von so einigen gelesen. In der Ecke gibt es auch div. Bauberichte von Wechselspindeln.
Welche (anderen?) Ziele kann es geben?
Niemand hier hat etwas anderes behauptet und ich freu mich ohne Wenn und Aber für Dich und den Alex, wenn Dir seine Spindel so viel Freude bereitet, ich find sie ja auch cool, das hab ich ihm auch schon persönlich gesagt
Die Ziele wurden im ersten Post genannt, und die sollen bestmöglich und kosteneffektiv umgesetzt werden. Aus diesen Anforderungen leitet sich die Konstruktion ab.
django013 hat geschrieben: ↑10.11.2018, 15:06
Letztens las ich in der Zerspanungsbude von einem Wechslervorsatz, bei dem pneumatisch die Geschwindigkeit umgeschaltet wurde.
Cool, aber Wechselvorsätze sind ja auch nicht für hohe Drehmomente geeignet, sofern sie selbst nicht so groß wie eine Spindel sind (dann trifft aber der Begriff Wechselvorsatz nicht mehr zu). Deshalb ist entweder die zu übertragende Leistung gering oder die Drehzahl sehr hoch. Falls nichts davon zutrifft, wäre ein HTD-Zahnriemen (oder - wie bereits gesagt- ein GT3 Riemen von Gates, die sind noch mal leistungsfähiger) die bessere Wahl.
django013 hat geschrieben: ↑10.11.2018, 15:06
Kann also so verkehrt nicht sein.
Jeder Riemen hat natürlich, in welchen Bereichen auch immer, seine Daseinsberechtigung. Aber wenn die Anforderungen hohes Drehmoment, geringer Bauraum, kein Schlupf und möglichst spielfrei sind, dann ist bei niedrigen bis mittleren Drehzahlen ein HTD-/GT3-Riemen nun mal überlegen.
Nicht umsonst setzen auch die großen Werkzeugmaschinenhersteller bei Drehzahlen bis zu 12000min-1 auf Formschluss- und erst darüber auf Reibschluss-Riemen.
Gruß, Yannik