Die (Un-)Sicherheit von CNC-Maschinen

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Wuiz
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Die (Un-)Sicherheit von CNC-Maschinen

Beitrag von Wuiz » 19.03.2016, 10:59

Hallo zusammen,
im Videothread wurde das angerissen, hier passt's besser.
In einem Modellbauforum wäre das Äquivalent wohl der allseits beliebte Thread "Lipos unbeaufsichtigt laden?".

Ich würde einfach mal gern über das Gefahrenpotential einer (Hobby)Fräsmaschine plaudern:

Was gab es schon für Zwischenfälle, was kann passieren, wie gut sind Steuerungen gegen Überlast (z.B. bei Kollision) geschützt, usw..?
Und dann, was kann man unternehmen? Automatische Lösch-Station bei Brandfall? Stromzufuhr kappen (automatisch?), Webcams und Ferndiagnose, ...

Ich hab selbst ein ungutes Gefühl, nicht neben der Fräse zu stehen und im Zweifelsfall nicht eingereifen zu können. In meiner Werkstatt fängt es aber z.B. schon mit trivialen Sachen an: Es gibt keine Toilette. Wenn ich also wirklich mal einen langen Fräsjob (mehrere Stunden) beginne, muss ich entweder ausharren, oder einen Freund bitten, da zu bleiben, oder hoffen.

Grüße, Stephan

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Wandoo1980
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Re: Die (Un-)Sicherheit von CNC-Maschinen

Beitrag von Wandoo1980 » 19.03.2016, 11:16

Moin Stephan,
bei meiner Maschine wird es eine komplette Sicherheitsstrecke geben, ich habe nämlich schon des öfteren Maschinen ausser kontrolle gesehen und will das zuhause nicht erleben ;)
wie gut sind Steuerungen gegen Überlast (z.B. bei Kollision) geschützt, usw..?
Und dann, was kann man unternehmen? Automatische Lösch-Station bei Brandfall? Stromzufuhr kappen (automatisch?), Webcams und Ferndiagnose, ...
Bei meinen Endstufen habe ich einen Fehlerausgang, der wird per Koppelrelais (Öffner) in Reihe in die Sicherheitsstrecke eingebunden. So geht die Maschine bei Überlast automatisch in den Notaus.

Die Spindel soll da auch noch mit rein. Allerdings habe ich mich mit den Powtran noch nicht genug beschäftigt um da genau zu wissen wie ich das realisieren werde.

Grüße, Sebastian
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Wuiz
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Re: Die (Un-)Sicherheit von CNC-Maschinen

Beitrag von Wuiz » 19.03.2016, 11:25

Hi,
mein Sicherheitskonzept ist momentan eher normal gehalten:

Zwei Endschalter pro X und Y Achse, einer auf Z. Pro Achse sind die als Öffner in Reihe, sodass ein defekter Schalter oder Kabelbruch einen Stop bewirken.
Der Not-Aus Schalter hängt am Triplebeast, welches über das Relais bzw. den Analogausgang dann auch die Spindel stoppt.

Das ist vermutlich für 95% der Fälle erstmal ausreichend, Kabelbrüche in Motorleitungen oder Kollision wird aber nicht detektiert. Ich denke da kommt man erst weiter, wenn Encoder an den Achsen sind, die eine Rückmeldung geben (Closed-Loop?).

Grüße, Stephan

KarlG
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Re: Die (Un-)Sicherheit von CNC-Maschinen

Beitrag von KarlG » 19.03.2016, 11:27

Moin,

ich habe da schon drüber nachgedacht und keinen (nahezu) sicheren Lösungsansatz gefunden.
Selbst schon erlebt:
- Adernbruch im Motorkabel Z - Achse fährt nur noch abwärts
- X-Achse fährt plötzlich nicht mehr (Y und Z schon) - Macke im Mach3 und nach Neustart weg
- Fehler im Job - Fräser bis zur Spannmutter in Werkstück und Aufspannplatte gerammt
Wuiz hat geschrieben:wie gut sind Steuerungen gegen Überlast (z.B. bei Kollision) geschützt, usw..?
Eine normale Steppersteuerung fährt immer weiter - also auch unter Postionsverlust immer wieder gegen Anschlag. Bessere Endstufen haben eine Erkennung für Postionsverlust (CL sowieso) und gehen dann in Störung. Allerdings nur die eine Achse und man muss das Signal dann auf die Steuerung zurückführen (bspw. Notauskreis).

Spindel ist so eine Sache: Wenn die richtig Überlast hat, geht die auch in Störung; wenn allerdings die Spindelmutter auf der Aufspannplatte schleift, reicht das u.U. nicht, Überstrom auszulösen.

Probleme sehe ich dann noch im Holzstaub (wenn man Holz fräst) - da sind schon Staubsauger abgebrannt und auch Selbstenzündungen durch Funken im Zyklon hat es schon gegeben. Ebenfalls ist bei alkoholhaltigen Schmier-/Kühlmitteln Vorsicht (bzw. Sorgfalt) geboten.
Wenn sich ein Fräser zusetzt, wirds u.U. auch richtig heiß - glaube der Jürgen Raschke hat sowas mal berichtet "Hilfe, die Frässpur brennt.."
Und dann, was kann man unternehmen? Automatische Lösch-Station bei Brandfall?
Denke, ein Brandmelder wäre schon eine gute Idee.
Stromzufuhr kappen (automatisch?)
Du brauchst einen einigermaßen sicheren (und kalkulierbaren) Auslöser und den sehe ich aktuell nicht.
, Webcams und Ferndiagnose, ...
Nur so gut, wie man (nahezu) ständig draufschaut. Wenn man mal dringend aufs Klo muss, ist eine Wifi-Actioncam mit Übertragung aufs Handy/Tablet sicher eine gute Idee. Ansonsten halt die Pause-Taste.. :D

Gruss
Karl

fliegerkind
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Re: Die (Un-)Sicherheit von CNC-Maschinen

Beitrag von fliegerkind » 19.03.2016, 18:25

Also ich halte das so:

Meine CNC-Fräse bleibt nie unbeaufsichtigt, wenn doch, dann immer zwischen zwei Jobs, der NotAus wird vor dem Verlassen des Kellers immer eingerastet, oder gar die Steuerung stromlos gemacht. In der Werkstatt steht (noch) ein schwerer großer Pulverlöscher (ja, der ist schlecht, Halon ist bei meinem kleinen Loch ohne Fenster tödlich, also bliebe nur noch Schaum, da überlege ich gerade). Eine Löschdecke möchte ich noch, ist mir aber noch nicht über den Weg gelaufen. Im ganzen Haus und auch in der Werkstatt sind Brandmelder, obwohl in Österreich dazu keine Vorschrift existiert. Nachteil meiner Geräte: Die sind nur daheim, also keine Alarmierung an die Feuerwehr oder auf mein Smartphone. Bei meiner Absauganlage habe ich damals eine aus Stahl gekauft, so Plastik-Kärchern und Nachbauten traue ich nicht und ich möchte nicht unbedingt brennende Kunststoffgase einatmen müssen.

Was Mach3 bei mir schon so alles aufgeführt hat, füllt auch Bände. Manchmal war aber auch nur ich selbst zu blöd. Meistens ist es aber der ESS. Seit ich diesen habe, gibt es allerlei Merkwürdigkeiten. Einige Beispiele, die selten, aber doch auftreten:
  1. Ich drücke auf X/Y auf Null fahren (F4 in der Schmidtscreen). Die Z-Achse fährt plötzlich nach unten statt nach oben und will dann weiter auf X/Y=0
  2. Ein typischer Mach3-Fehler, der von Artsoft auch zugegeben wurde: Wenn man Z mehrfach unterschiedlich hoch abnullt (ich mache das, wenn ich heikle Teile vorher "Luft" fräse), kommt oftmals eine Softlimit-Warnung. Mögliche Abhilfe: Einfach den Mach3-Vorschaubildschirm resetten, schon gehts wieder.
  3. Mach3 speichert den Werkstücknullpunkt erst dann, wenn man Mach3 beendet. Das führt dann oft zu Problemen, z.B. bei Schrittverlusten, PC-Freezes, (ja, meine ersten, alten Pentium hatten das schon mal), aber auch, wenn der ESS wieder einmal overflow meldet, ist neu referenzieren und meistens auch neu Einmessen angesagt, weil ja der Werkstücknullpunkt nicht gespeichert wurde. Meine Abhilfe: Ich habe mir angewöhnt, immer, sobald ich die Werkstückkordinaten X/Y abgenullt habe, sie als Screenshot am Desktop abzuspeichern. Dann genügt eine Referenzfahrt, schon gehts weiter. Alternativ könnte man jedesmal, wenn man abgenullt hat, gleich drauf Mach3 beenden und neu starten.
Achja:

Die beste Sicherheitseinrichtung ist meine Frau. Sie kommt "gelegentlich" (=fast immer) vorbei, weil sie sich Sorgen macht. So "Sager" von ihr wie Angst wegen Herzinfarkt, von der Drehmaschine zermantscht, Stromschlag, usw. hörte ich schon alle :D) - und das, seitdem ich einmal mit einer blutenden Hand unerwartet bei ihr in der Küche stand ...

Grüße, Heini

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Christian Knüll
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Re: Die (Un-)Sicherheit von CNC-Maschinen

Beitrag von Christian Knüll » 21.03.2016, 19:17

Hallo,

zumindest bei Holzbearbeitung laufen meiner Meinung nach alle technischen Sicherungsmaßnahmen ins leere.
Ein abgebrochener oder stumpfer Fräser lässt sich nicht sinnvoll für bezahlbares Geld erkennen, ist aber im wahrsten Sinne des Wortes brandgefährlich (eigene Erfahrung) und passiert erheblich häufiger als Kabelbrüche, kaputte Endstufen oder sonstige exotische Fehler.

Daher: Pinkelpause = Maschinenpause - sollte eigentlich jede Steuerung beherrschen.

Metallbearbeitung ist weniger kritisch solange keine brennbaren Kühl oder Schmierstoffe involviert sind und um die Maschine herum nichts brennbares steht. Aber auch da würde ich nicht stundenlang unbeaufsichtigt laufen lassen.

Solange man keine wirklich teuren Sachen bearbeitet macht auch closed loop und sonstige Überwachung wirtschaftlich wenig Sinn. Bis die Mehrkosten wieder drin sind kann man viele Werkstücke ruinieren - was bei vernünftiger Konfiguration selbst mit der billigsten Endstufe so gut wie nie passieren wird.
Ich kann mich nicht erinnern jemals ein Werkstück außerhalb der Konfigurationsphase wegen Schrittverlusten verloren zu haben - wem das regelmäßig passiert hat einfach eine zu aggressive Konfiguration und würde das bei closed loop entsprechend als Schleppfehler quittiert bekommen (der häufig ebenfalls als Macke im Werkstück erkennbar ist).

Christian

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Wandoo1980
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Re: Die (Un-)Sicherheit von CNC-Maschinen

Beitrag von Wandoo1980 » 21.03.2016, 20:03

Solange man keine wirklich teuren Sachen bearbeitet macht auch closed loop und sonstige Überwachung wirtschaftlich wenig Sinn.
Ja, das stimmt, ist aber ja auch meistens dem Spielkind geschuldet ^^ Ein Polo reicht meist auch, ein Mustang oder Porsche ist aber geiler, wenn auch nicht wirtschaftlich ;)

Aber zurück zum Thema....
Ein gesunder Menschenverstand kann vieles verhindern und ich bin ganz klar deiner Meinung! Pinkelpause = Maschinenpause! Was mir auch schon oft aufgefallen ist, was aber kaum beachtet wird, ist die persönliche Schutzausrüstung. Brille und Gehörschutz sind Pflicht! Und lasst die Handschuhe an drehenden Maschinen aus! Leider durfte ich schon jemanden erleben der mit Handschuhen in/an einer Getriebebohrmaschine hängengeblieben ist. Der hatte noch Glück, aber das Handgelenk war trotzdem ein paar Wochen außer Gefecht. Mit Pech fehlt danach ein Finger.

Grüße, Sebastian
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fliegerkind
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Re: Die (Un-)Sicherheit von CNC-Maschinen

Beitrag von fliegerkind » 21.03.2016, 21:03

Christian Knüll hat geschrieben:Ein abgebrochener oder stumpfer Fräser lässt sich nicht sinnvoll für bezahlbares Geld erkennen, ist aber im wahrsten Sinne des Wortes brandgefährlich (eigene Erfahrung) und passiert erheblich häufiger als Kabelbrüche, kaputte Endstufen oder sonstige exotische Fehler.
Für alle, die die Story "Nur wegen Toilettengang" nicht kennen, schaut sie Euch an. Die CNC-Fräse ist sogar noch zu erkennen:
http://www.rc-network.de/forum/showthre ... abgebrannt

Grüße, Heini

Mario
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Re: Die (Un-)Sicherheit von CNC-Maschinen

Beitrag von Mario » 21.03.2016, 21:09

Grüß Euch,

was Brand oder defekt der mechanischen und elektrischen Parts betrifft wurde schon einiges geschrieben - man sollte die Maschine nie ausser Acht lassen.

Was die persönliche Schutzausrüstung betrifft: Ich habe meine Fräse in ein Gehäuse gebaut. Macht das Ganze zwar groß (1,65m x 1,55m x 2,3m), ist mir das aber jeden Cent Wert - da ich auch 2 Kids im Haus herumlaufen habe.

Grüße
Mario

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Wuiz
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Re: Die (Un-)Sicherheit von CNC-Maschinen

Beitrag von Wuiz » 22.03.2016, 07:44

Hallo zusammen,
schön, dass das Thema auf reges Interesse stößt.
Mir selbst wird langsam klar, dass ich wohl teilweise zu viel Optimismus gezeigt habe oder mir verschiedene Szenarien nicht vorstellen konnte.

Tatsächlich fehlt in unserer Werkstatt ein Feuerlöscher. Das wird schnellstens geändert, denn da gibt es Massen an brennbarem Material (will ich mir gar nicht vorstellen).

Die längsten Fräsjobs waren bisher meine Alu-Urformen. Ich kann sagen, dass da glücklicherweise nur am Alu gekratzt wird und kein Schmiermittel zum Einsatz kommt, was Feuer fangen könnte, trotzdem will ich das nicht mehr unbeaufsichtigt machen.
Eher schaue ich mich nach Möglichkeiten um, die Maschinenlaufzeit zu optimieren, sodass ich beispielsweise nicht funktionsrelevante Flächen vom Schlichen auslassen kann.

Meine persönlich liebste Schutzausrüstung sind auch immer noch die Ohrschützer und Brille. Ich verstehe oft nicht, wie sich manche anderen Leute so nen Krach freiwillig antun ohne Schutz..

Grüße, Stephan

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