Belastungswerte

Materialien, Dimensionierung, Lineartechnik..
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DaDiesel
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Belastungswerte

Beitrag von DaDiesel » 30.07.2018, 21:13

Hallo zusammen,

Nachdem ich schon einige Wochen hier stiller Leser bin, möchte ich mich kurz auch vorstellen bevor ich mein kleines Anliegen loswerde.

Also Alter ist 39 Name Daniel :D

Mit dem Thema Eigenbau CNC hatte ich mich mal ein bisschen vor 15 Jahren beschäftigt und nun wieder mein Interesse geweckt.
Daher bin ich die letzten Wochen viel mit lesen und den Selbststudium beschäftigt gewesen und nun soll es etwas konkreter werden.
Da ich nun jedoch alles gerne 3 mal rechne und plane bevor es ans Geld ausgeben geht, hatte ich mich die letzten Tage etwas in Fusion 360 eingearbeitet ( net so toll :wf ) um meinen Entwurf zu verifizieren.
Leider konnte ich nicht wirklich irgendwo rauslassen mit welchen Belastungen man so rechnet für eine mittelgroße Fräse ( ca. 160x80x30).

Könnte mir da jemand Empfehlungen geben welche Werte dort der Realität am nächsten kommen ? Hab bisher mit 1000N gerechnet.
Muss ehrlicher Weise dazu sagen das ich in Fusion ein Noob bin, komme eher von der Blender3D Seite.

Mfg Daniel

KarlG
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Re: Belastungswerte

Beitrag von KarlG » 30.07.2018, 22:14

DaDiesel hat geschrieben:
30.07.2018, 21:13
mit welchen Belastungen man so rechnet für eine mittelgroße Fräse ( ca. 160x80x30).
160x80x30 mm, cm, m?

Die Belastungswerte ergeben sich (überwiegend) aus Eigengewicht, Antriebsleistung, bearbeitete Materialen, Fräserdurchmesser, Zerspanungsparameter.

Wieviel Zulandung verträgt ein Fahrzeug mit 6*2*1m Größe und wie schnell kann man damit fahren?
Unterschied zu Dir: Hier gibt es wenigstens eine Einheit...

1kN Last ist schon "straffe" Stahlzerspanung und je nach Ansatz ist das in Ordnung (Säulenfräse) bzw. maßlos übertrieben (Käsefräse).

Gruss
Karl

DaDiesel
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Re: Belastungswerte

Beitrag von DaDiesel » 30.07.2018, 22:37

Hallo,

Oh natürlich mein Fehler, Zentimeter sind gemeint.
Das Eigengewicht liegt momentan laut grober Schätzung bei 240 kg für den reinen Aufbau also ohne Motor, Aufspannplatte und Antriebe.
Denn Aufbau plane ich im Moment als reine Alu Konstruktion.
Ziel davon soll einmal die Aluberarbeitung sein und wenn überhaupt ein klein wenig Stahl.

Was wäre denn ein halbwegs sinnvoller Wert ohne daraus gleich eine Wissenschaft zu machen ?


mfg Daniel

KarlG
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Re: Belastungswerte

Beitrag von KarlG » 30.07.2018, 22:47

DaDiesel hat geschrieben:
30.07.2018, 22:37
Ziel davon soll einmal die Aluberarbeitung sein und wenn überhaupt ein klein wenig Stahl.

Was wäre denn ein halbwegs sinnvoller Wert ohne daraus gleich eine Wissenschaft zu machen ?
200N und weniger als 0,1mm "Ablenkung" an der Fräserspitze wären schon recht anspruchsvolle Werte. Aber bei 300mm Z? Dafür muss man schon richtig Aufwand treiben...

DaDiesel
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Re: Belastungswerte

Beitrag von DaDiesel » 30.07.2018, 23:05

Nun die 300mm sind erst einmal als Ziel gesetzt.
Natürlich muss man nun prüfen wie hoch der Aufwand dafür ist um es realistisch hin zu bekommen.

Die 200N sind natürlich nur ein Bruchteil von 1000 :shock:
Bin mir zwar sicher das meine Vorgehensweise nicht nach Lehrbuch ist, hab jedoch erst einmal ein paar Versuchsaufbauten im Blender gemacht und die von mir favorisierte Lösung möchte ich nun in Fusion nachbauen.

Dabei versuche in der Reihenfolge Basis, Portal, Kreuzplatte und Z evtl. Schwachstellen dadurch auszuschließen.

Mfg Daniel

django013
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Re: Belastungswerte

Beitrag von django013 » 31.07.2018, 06:23

Moin Daniel,

also mit blender kann man sehr weit kommen im (Hobby-)Maschinenbau :)
Ich mach alles mit blender und habe das bis heute noch nie bereut.
Was blender nicht kann, ist auf Knopfdruck Flächen, Umfänge und andere Kenndaten berechnen und ausspucken.
Hier muss man mit der Hand am Arm rechnen.
Ist aber auch nicht schlecht, denn so lernt man wenigstens die Zusammenhänge verstehen.
... und bei den meisten Berechnungen reicht eine Grenzwertabschätzung. Bei einer Abschätzung kann man auch mit Näherungswerten von Flächen und Umfängen leben. Man muss sich nur bewusst machen, wo die Abweichungen liegen und welchen Einfluss die Abweichungen haben.

Dann ist es so, dass man im Maschinenbau normalweise mit Sicherheitsfaktoren rechnet. Bei TTT dürften es so Faktor 6-8 sein, im Flugzeugbau geht man auch schon mal auf 2 oder sogar 1,4 herunter.
Nur im Hobbybereich wird mit Faktor 1 gerechnet und dann verwundert auf die Einstufung als Käsefräse geschaut.

Je steifer Deine Maschine werden soll, desto sinnvoller ist ein größerer Sicherheitsfaktor.
Den kann man gleich bei der Fräserlast einrechnen und braucht sich danach nicht mehr um den Faktor zu kümmern.
Trotzdem sollte man sich diesen Umstand bewusst machen.

Wie Karl schon schrieb, sind 200N bei 0,1mm Ablenkung schon eine gute Hausnummer.
Wenn Du jetzt einen Sicherheitsfaktor von 5 anlegst, bist Du wieder bei Deinen 1kN.
hab jedoch erst einmal ein paar Versuchsaufbauten im Blender gemacht und die von mir favorisierte Lösung möchte ich nun in Fusion nachbauen.
Das ist definitiv der falsche Weg.

Richtige Reihenfolge wäre meiner Ansicht nach:
  • Fräserkraft festlegen (je nachdem, welches Material und welche Gegenstände Du fertigen willst)
  • gewünschte Genauigkeit festlegen
  • Bauform der Fräse anhand Deiner Platzverhältnisse auswählen. Nur mal so als Extremvarianten: Portalfräse ist kompakt aber weich, Ständerfräse ist steif, braucht aber viel Raum (bei jeweils gleichem Bearbeitungsvolumen)
Es kann durchaus sinnvoll sein, sich etwas intensiver mit den unterschiedlichen Bauformen zu beschäftigen und sich zu überlegen, wie sich die Lastverhältnisse bei Spindelbewegung ändern.

Danach fängt man mit Konstruieren an. Konstruieren in dem Sinne, dass man skizziert, wie es aussehen könnte und dann ausrechnet, welche Querschnitte und Abmessungen man benötigt, um die eingangs festgelegten Werte zu erreichen.
Für mich hat es sich bewährt, iterativ vorzugehen. Will sagen, ich fang an der Fräserspitze an und hangel mich dann von Baugruppe zu Baugruppe.
Beispiel: Um den Z-Schlitten auszulegen, zeichne ich den Schlitten bis zu den Linearschienen. Dann gehe ich bei meiner Berechnung davon aus, dass die Linearschienen am Himalaya angeschraubt wären (also unendliche Steifigkeit) und schau mir nur an, was im Z-Schlitten so alles passieren kann.
Wenn ich den dann soweit habe, dass er mir passt, mach ich aus dem Z-Schlitten einen (schwarzen) Block und schau mir die Baugruppe an, die die Linearschienen trägt.
So geht es weiter, bis man wieder an der Fräserspitze anlangt, also an der Werkstückbefestigung.

Hier im Forum findest Du Biegungsrechner, Diskussionen zur Auslegung von Hebelgesetzen und Torsion, ganze FEMs ...
da dürfte eigentlich kein Wunsch offen bleiben.

Du musst Dich nur hinsetzen, lesen und dann eben alles Stück für Stück durchrechnen.

... oder Du machst es wie viele Hobbyisten, lässt Maschinenbau Maschinenbau sein, baust Dir Dein Ding und schaust, was dabei rauskommt. Kann auch Spaß machen.

Gruß Reinhard

DaDiesel
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Re: Belastungswerte

Beitrag von DaDiesel » 02.08.2018, 19:38

Guten Abend,

Vielen Dank erstmal für die Ausführlichen Erläuterungen.

Nun die letzten Wochen hatte ich schon damit verbracht dieses und andere Foren sowie "Das Google" zu durchforsten um möglichst viele Information und Anregungen aufzunehmen. Wobei ich löblicher Weise aber sagen muss, das hier die Teilnehmen den komplettesten Eindruck gemacht haben. :dh
django013 hat geschrieben:
31.07.2018, 06:23
Für mich hat es sich bewährt, iterativ vorzugehen. Will sagen, ich fang an der Fräserspitze an und hangel mich dann von Baugruppe zu Baugruppe.
Bei meinen bis jetzigen Versuchen an der Konstruktion bin ich ziemlich genau so vorgegangen und hab mir hier und da einige Anregungen geholt.

Auch eine Deadline bis wann es fertig sein soll hab ich mir nicht gesetzt , sondern eher nach dem Thema der Weg ist das Ziel.
Obwohl ich mal ein Handwerksberuf gelernt habe, muss ich aber ehrlicherweise sagen das ich keine Maschinenbaustudium oder ähnliches auf der Karte habe, sondern mittlerweile im IT und Log Bereich unterwegs bin (so ein Schreibtisch Täter :wf ).

Anfänglich hatte mir die Variante mit der höhenverstellbaren X-Achse sehr gut gefallen, leider gibt es hier aber sehr wenige Beispiele.
Sind die Nachteile zum normalen Portalaufbau so gravieren oder warum wird diese Bauweise nicht so oft gewählt ?
Ich weiß das dadurch höhere Kosten entstehen, diese sind im Bezug auf die Gesamtkosten jedoch fast zu vernachlässigen.

mfg Daniel

django013
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Re: Belastungswerte

Beitrag von django013 » 03.08.2018, 06:06

Anfänglich hatte mir die Variante mit der höhenverstellbaren X-Achse sehr gut gefallen, leider gibt es hier aber sehr wenige Beispiele.
Wenn ich mir nicht irre, hat Lars so ein Konzept umgesetzt.
Leider hat er das Forum nicht in den Entwicklungsprozess eingebunden, sondern nur darüber berichtet, was er getan hat.
So kann man bauen, wenn man sich seiner Sache sehr sicher ist ...

Aber wenn Du seinen Baubericht zu Ende liest, erfährst Du, dass er am Schluss doch zu dem Fazit kommt, dass er im Wiederholungsfalle vieles anders machen würde.
Sind die Nachteile zum normalen Portalaufbau so gravieren oder warum wird diese Bauweise nicht so oft gewählt ?
Nun, die offensichtlichen Vorteile sind der verkürzte Hebelarm und damit die geringere Belastung des Portals.
Erkauft wird der Vorteil mit:
  • doppelte Verstellsysteme für eine Achse (Anstieg der Kosten)
  • das doppelte Verstellsystem ist mit normalen GCode nicht behandelbar. Man braucht also eine Sonderlocke in der Steuerung. Es ist nicht unmöglich zu bewerkstelligen, aber man ist mit Sonderlocke immer raus aus allgemeinem Support und Versionsupdates
  • das doppelte Verstellsystem verdoppelt mal eben das Lagerspiel -> überproportionaler Anstieg der Kosten, da andere Linearlager notwendig werden (höhere Vorspannung)
  • das doppelte Verstellsystem erhöht die Komplexität, was auch die Berechnung der Festigkeit schwieriger macht
  • gibt sicher noch mehr Nachteile, die mir auf die Schnelle nicht eingefallen sind
Ich bin mir fast sicher, dass wenn man ein "normales" Portal anständig auslegt (Faustregeln beachten), man mit weniger zum gleichen Ziel kommen kann.
Ne 300er Z-Achse auf einem 800er Portal ist auf jeden Fall machbar. Nur eben nicht mit 0815

Gruß Reinhard

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