Hauptzeit für Gewindewirbeln

Werkstoffe, Werkzeuge, Bohr- & Fräsparameter
maine-coon
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Hauptzeit für Gewindewirbeln

Beitrag von maine-coon » 17.09.2019, 18:37

Hallo Leute der Zerspanung.

Ich war heute bei einem Kunden und habe einen Test mit einem Bohrgewindewirbler gemacht.
Werkstoff: 1.4305. Gut zerspanbarer, rostfreier Stahl.
Gewinde M6 x 1
Durchmesser des Werkzeugs 4,85
Gewindetiefe L=12, Sackloch
n=4800 -> Vc=73m/min.
f=400mm/min.
z=3

Wenn ich die Hauptzeit T berechnen will,
muss ich ja die gesamte Bahnlänge nehmen.
Das wäre dann 12*3,14*3mm/400mm.
Dann komme ich auf eine Zeit T=17 sec.

Ich habe mal die Stoppuhr genommen und genau hingeschaut.
Ich lag immer bei 21...22 Sec.... bevor das Werkzeug im Eilgang nach oben in z+100 fuhr.
Und da es sich um ein Sackloch handelte, kann also kein weiterer Weg nach unten raus existieren.
Und ich habe die Stoppuhr eingeschaltet, wenn das Werkzeug anschnitt.
Ich frage mich wo die ca. 5sec bleiben....

Oder ist meine Berechnung falsch?
Habe ich einen Fehler in meinem Gedankengang?

Gruß Achim

holger
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Re: Hauptzeit für Gewindewirbeln

Beitrag von holger » 17.09.2019, 21:32

Der Vorschub bezieht sich ja (zumindest bei meiner Maschine) immer auf das Fräserzentrum. Wenn das bei dir auch so ist, dann stimmt die Rechnung nicht (denn du rechnest mit dem Weg außen am Gewinde).

Beim Gewinde M6x1 bewegt sich dein Fräser (der 4,85mm Durchmesser hat) auf einem Kreis mit Radius mit 0,575mm. Wenn du auf diesem Kreis die 400mm/min hättest, dann bräuchtest du nur 3,2 Sekunden und hättest ganz falsche Schnittdaten (Weil der Vorschub außen eben viel zu groß wäre). In Realität erreichst du also auf dem engen Kreis keine 400mm/min, sondern nur 59 mm/min, weil die Beschleunigung der Maschine nicht mehr zulässt. So hat also offenbar der eine Denkfehler den anderen Fehler überkompensiert :-)

maine-coon
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Re: Hauptzeit für Gewindewirbeln

Beitrag von maine-coon » 18.09.2019, 07:56

Hmm.

Dann müsste doch die Vorschubsgeschwindigkeit aufs Zentrum bezogen
400mm/min*(6mm-4,85mm)/6mm sein.... Also 77mm/min...

Wie kommst du auf 59mm/min?

sswjs
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Re: Hauptzeit für Gewindewirbeln

Beitrag von sswjs » 18.09.2019, 10:08

Moin,

wie wär's mit etwas Formel:

v = a · t + v0

Ich weiß, das ist nicht so das Ding, aber mal anders gefragt: Wie lange brauchst du mit deinem Auto von 0 auf 100? Und kommst du immer auf 100?

Nun das Selbe mit der Fräse: Wie lange braucht die von 0 auf 400? Und kommt die überhaupt auf 400?

sswjs, aka Jens
Maschinen: BZT PFE1000 mit 1,5kW Suhner, High-Z 1000 mit Kress FME-1050/1, Sorotec HL 4530 mit Kress FME-1050, Stepcraft 1/600 umgebaut mit Kress FME-1050

maine-coon
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Re: Hauptzeit für Gewindewirbeln

Beitrag von maine-coon » 18.09.2019, 10:29

Also ich will lediglich die reine Einsatzzeit für das Wirbeln eines Gewinde ermitteln.

Wenn wir jetzt noch mehr Parameter wie Beschleunigung, Reibkräfte.....etc. etc... reinbringen, verfehlen wir hier das Thema.
Ich will keine Doktorarbeit schreiben, nur ungefähr wissen wie lange es dauert.

sswjs
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Re: Hauptzeit für Gewindewirbeln

Beitrag von sswjs » 18.09.2019, 11:22

Moin,
maine-coon hat geschrieben:
18.09.2019, 10:29
... verfehlen wir hier das Thema.
Äh, nein. Meine Fräse hat z.B. 0,7s Beschleunigung um von 0 auf 50mm/s zu kommen. Rechnet man den Weg aus:

s = 0,5 * a * t² --------> s = 0,5 * 71,43mm/s² * (0,7s)²

s = 17,5mm


Ich brauch 17,5mm um auf meine maximale Fräsgeschwindigkeit von 50mm/s zu kommen. Wie weit bewegt sich dein Fräser? 1,15mm?
Da es sich um einen Kreis handelt, ist die Beschleunigung sinusförmig. Also 0,5525mm beschleunigen und 0,5525mm bremsen.


Drehen wir die Rechnung um kommen wir auf:

Wurzel(t²)=s/(0,5 * a) --------> t= 0,124s


Und wie schnell werden wir jetzt?

v = a · t -------> v = 71,43mm/s² * 0,124s

v=8,8mm/s


Und jetzt bist du dran....


sswjs, aka Jens
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Re: Hauptzeit für Gewindewirbeln

Beitrag von holger » 18.09.2019, 13:15

maine-coon hat geschrieben:
18.09.2019, 07:56
Wie kommst du auf 59mm/min?
Ich habe deine tatsächliche Zeit (die 22 Sekunden) für 12 Kreise auf Radius 0,575mm umgerechnet. Und mich dabei noch um Faktor 2 verrechnet :wf

Es sind also 118 mm/min, die du tatsächlich fährst, wenn du 22 Sekunden brauchst.

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Christian Knüll
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Re: Hauptzeit für Gewindewirbeln

Beitrag von Christian Knüll » 18.09.2019, 14:03

Hallo,

rechnen ist gerade bei kleinen Fräsbahnen immer problematisch wie zum Teil auch schon erwähnt wurde:
  • Die Beschleunigungszeiten können ganz gut reinspielen...
  • Stimmt überhaupt der angenommene Bahndurchmesser?
    (4,85er Durchmesser des Werkzeugs / 6er Gewinde sollte auf 1,15mm effektiven Bahndurchmesser rauskommen +- ein paar Zehntel, je nach dem wie der Fräser genau aussieht und die Flankentiefe des Gewindes normiert ist)
  • Berechnet die Steuerung die Geschwindigkeit auf die Bahn - oder auf die Fräserkante?
    Das gibt bei kleinen Durchmessern riesige Abweichungen.
  • Setzt die Steuerung die Geschwindigkeit eventuell automatisch herab weil die gewünschte Geschwindigkeit die maximale Beschleunigung der Maschine bei Kreisbewegungen übersteigt?
    Passiert bei sehr geringen Durchmessern sehr schnell...
Fazit:
Falls man sowas z.B. für die Fertigungsplanung einer größeren Serie benötigt: Taschenrechner wegwerfen, Stoppuhr rausholen und an die Maschine gehen.
Bei großen Konturen kann man dagegen ziemlich zuverlässig rechnen - da spielen die ganzen genannten Faktoren nur eine geringe Rolle.

Christian

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Re: Hauptzeit für Gewindewirbeln

Beitrag von maine-coon » 18.09.2019, 14:17

Erst einmal back to the roots....
Es ist mir total egal, ob ich 15sec. +/-1 sec. benötige.
Das spielt hier überhaupt keine Rolle; ebenso die Trägheit der Maschine mit seinen Beschleunigungen etc..etc..

Wenn ein Kunde mich fragt wie lange der Prozess dauert (Wie in dem Beispiel oben mit den Daten),
dann geht es darum, dass er einen Vergleich ziehen will:
Istzustand:
Bohrer eingewechselt in die Spindel.
Bohren.
Wechsel auf das Gewindewerkzeug. (Bohrer, Fräser, Former...völlig egal)
Gewinde schneiden und weg.
Egal, ob die Zeit da um +/-10% stimmt.... Aber die Differenz darf nicht zu groß sein.

Mögliche Optimierung:
Einsparung eines Werkzeugwechselplatzes durch Wegfall des Bohrers.
Bohrgewindewirbler in die Spindel einwechseln.
Gewinde incl. Fase erzeugen.
Eilgang raus und weg.

Wie kommst du die 118mm/min?.... Also 2x59 hattest du vorher.
In fast allen Maschinen, in denen ich den Vorschubswert eingeben muss, handelt es sich um den reinen Bahnvorschub.
Innerhalb der Maschine wird das umgerechnet.

Ich habe sehr viele Einsätze mit einem Bohrgewindewirbler bereits erfolgreich gemacht.
Hier ein weiteres Beispiel:
Material: Alu-Bronze (Ampco CuAl10Ni5Fe4)
Gewinde M3x 0,5
Gewindetiefe 8,8mm
n=8000 1/min.... Vc=62m/min
z=2
f=192mm/min.... das ist der Bahnvorschub....
Volle Funktion... Werkzeug schafft 440 Gewinde.

holger
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Re: Hauptzeit für Gewindewirbeln

Beitrag von holger » 18.09.2019, 17:52

maine-coon hat geschrieben:
18.09.2019, 14:17
Erst einmal back to the roots....

Wie kommst du die 118mm/min?.... Also 2x59 hattest du vorher.
Hatte ich doch geschrieben: 12 Kreise mit 0,575mm Radius dauern 22 Sekunden. Du hast den Weg, du hast die Zeit. Wenn es dann ein Problem ist, die Geschwindigkeit zu berechnen, dann heißt es für dich: back to the roots.
Zuletzt geändert von holger am 18.09.2019, 19:57, insgesamt 1-mal geändert.

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