Festigkeit von CFK/GFK ?

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django013
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Festigkeit von CFK/GFK ?

Beitrag von django013 » 02.04.2018, 10:37

Moin moin,

ausgelöst durch die Entscheidung von ThomasL, Granit für seine Fräse zu verwenden, habe ich mich mal wieder mit Materialeigenschaften beschäftigt. Festigkeit, E-Modul und so ...
E-Modul Beispiele: Stahl 210, ALU 70, Beton 20-40, Holz 10-15 und Marmor 72

Bei etlichen Bauberichten las ich schon von der Verwendung von CFK/GFK-Stäben und dass die extrem steif wären.
Das hat mich interessiert und so suchte ich nach Grundlagen.
Ich fand eine interessante Abhandlung über Verbundwerkstoffe.
Leider fehlen mir ein paar Grundlagen, weshalb ich mit dem Pamphlet nicht wirklich klar komme.
Vielleicht kann mir ja jemand von Euch weiter helfen.

Bei den Epoxidharzen heißt es, dass die ein E-Modul von 3-4 hätten (gleiche Einheit Stahl: 210).
Später (Seite 8) heißt es dann, dass die Kohlestofffasern ein E-Modul von 230-935 hätten.
Seite 10 wird dann gezeigt, dass CFK-Laminate im Bereich von 250-690 des E-Moduls fertigungstechnisch relevant wären. Das klingt erstmal sehr viel versprechend. Zumindest verstehe ich es so, dass Laminat Epoxy + CFK-Faser ist.
Seite 11 kommt dann die Ernüchterung:
Das E-Modul gilt nur in einem sehr extrem kleinen Winkelbereich (vermutlich in Faserrichtung) und die Bestwerte liegen zwischen 70 und 139.

Kann mir jemand erklären, wie ich die Festigkeit von Vierkantstäben und Vierkantrohren vor dem Kauf ermitteln kann?

... und wie verhält sich die Festigkeit, wenn ich beispielsweise für eine Linearschiene viele Bohrungen im Abstand von 60 mm einbringe und damit die Fasern zerstöre?

Gruß Reinhard

Lars
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Re: Festigkeit von CFK/GFK ?

Beitrag von Lars » 02.04.2018, 19:31

django013 hat geschrieben:
02.04.2018, 10:37
Bei den Epoxidharzen heißt es, dass die ein E-Modul von 3-4 hätten (gleiche Einheit Stahl: 210).
Ja, das Harz selbst trägt nichts, es bettet lediglich die Fasern ein.
django013 hat geschrieben:
02.04.2018, 10:37
Zumindest verstehe ich es so, dass Laminat Epoxy + CFK-Faser ist.
Stimmt.
django013 hat geschrieben:
02.04.2018, 10:37
Seite 11 kommt dann die Ernüchterung:
Das E-Modul gilt nur in einem sehr extrem kleinen Winkelbereich (vermutlich in Faserrichtung) und die Bestwerte liegen zwischen 70 und 139.
Bei Kohlefaser stimmt die große Winkelabhängigkeit, die ist nur längs der Faser gut. Bei Glasfaser ist es weitaus weniger winkelabhängig.
django013 hat geschrieben:
02.04.2018, 10:37
Kann mir jemand erklären, wie ich die Festigkeit von Vierkantstäben und Vierkantrohren vor dem Kauf ermitteln kann?
Meinst du jetzt Festigkeit oder Steifigkeit? Bzgl. Festigkeit muß man grundsätzlich noch beachten, dass fast alle Faserverbundbauteile auf der Druckseite versagen, auf Druck sind die Fasern alle etwas weniger fest als auf Zug. Bei Aramid ist der Unterschied Zug/Druck extrem.

Solche Vierkantstäbe wie verlinkt sind pultrudiert, d.h. alle Fasern sind längs. D.h. auf Biegung sind sie steif und fest, auf Torsion sind sie schlecht. Löcher bohren ist auch schlecht, um die Löcher reisst es dann gerne.

Die ganzen Berechnungen zu Festigkeit/Steifigkeit sind bei eher dünnwandigen Bauteilen eher nur Theorie, weil die Bauteile dann in der Praxis durch Beulen versagen, oder weil ein Rohr zum Oval wird, oder weil die Fasern nicht alle schön gerade drin liegen...

Für eine Fräse würde ich die ganze Idee "Kohlefaser" lassen. Wozu? Gewicht sparen braucht man ja nicht. Für einen Drucker mag es sinnvoll sein. Und für Segelflieger ist es unverzichtbar ;-)

django013
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Re: Festigkeit von CFK/GFK ?

Beitrag von django013 » 03.04.2018, 04:47

Moin Lars,

danke für Deine Einschätzung!

Bei der Suche nach CFK-Halbzeugen bin ich tatsächlich über eine Seite gestolpert, auf der Werbung für Fräsenportale aus CFK gemacht wird. Ich denke, wenn man die Fasern sinnvoll auslegt und die Bohrungen gleich von anfang an vorsieht, könnte so ein Portal Sinn machen. Allerdings halte ich es für viel zu aufwändig und teuer - und für Hobbyisten sowieso nicht machbar.

Was die Bauberichte mit CFK angeht, so fand ich CFK bei den Holzfräsenbauern. Die haben Rundstäbe unbearbeitet in den Sockel zur Versteifung eingebaut. Den Einsatzzweck halte ich für sinnvoll, da die Stäbe auf Zug belastet werden.
Bei den 3D-Drucker-Bauern fand ich CFK als "Portal", also als Unterbau einer Linearschiene, die damit versteift werden sollte. Hier wurden die Löcher für die Linearschiene in das CFK eingebracht, sodass ich mich fragte, wer da wen versteift.

Ja, Lars, Du hast im Grunde meine Befürchtungen bestätigt. Danke dafür.
Somit steht für mich als Fazit der Materialbetrachtung fest, dass Stahlbau in Sachen Festigkeit/Steifigkeit bei einer Fräse nicht zu toppen ist.

Gruß Reinhard

Lars
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Re: Festigkeit von CFK/GFK ?

Beitrag von Lars » 03.04.2018, 05:21

Schön ist der CFK-Bau, wenn man eine fertige Negativform hat und die Fasern an den jeweiligen Stellen in der richtigen Dicke und Richtung einfach reinlegen kann. Dann braucht man sich keinerlei Gedanken um die Außenkontur machen, denn nach dem Entformen ist es maßlich genau so wie die Negativform und spiegelglatt. Möglicherweise wurde dein angesprochenes Fräsenportal so gebaut. Für Einzelstücke ist es aber sinnlos.

Stud54
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Re: Festigkeit von CFK/GFK ?

Beitrag von Stud54 » 08.09.2018, 13:13

Ich habe erst kürzlich ein Maschinenteil aus CFK gesehen. Eingearbeitet waren Rohschienen aus 7075. Dieses Teil wurde dann auf einer Hermle C42 bearbeitet, mit Linearführungen versehen und ist Teil eines 13 Achs Bestückungsautomaten für Sonderplatinen.

Fand ich mega spannend und durfte mir das Teil mal ansehen. Wanddicken von bis zu 10mm am Fuss, Versteifungsteile hier und da...sehr komplex.

Das Teil bewegt sich aber auch ständig mit bis zu 250m/min.

Gruß

Gufnu
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Re: Festigkeit von CFK/GFK ?

Beitrag von Gufnu » 16.10.2018, 23:29

Moin moin,

Ich hatte mir zu dem Thema auch schon gewisse Gedanken gemacht und fleißig Studien, Fachartikel etc. recherchiert.

Ich bin damals zu dem Ergebnis gekommen, dass CfK/Faserverbund allgemein bei Eigenbau Konstruktionen nur da Sinn macht, wo ein quasiisotropes Laminat (Ausgeglichener Winkelverbund, z.b. 0*/90*/+-45*) recht einfach zur Materialsubstitution eingesetzt werden kann.
Denn als Platte im Sinne der Plattentheorie (falls ich es nicht mit der Scheibentheorie verwechsel...) kann man ein solches als isotrop annehmen, also quasi als leichteren Stahl mit höherer Zugfestigkeit betrachten.
Dann stimmen auch Berechnungen weitgehend mit der späteren Praxis überein.

Was ich meine wäre z.B. eine großzügig ausgenommene/"durchlöcherte" Aluplatte (für die Druckfestigkeit wo sie gebraucht wird) mit Airex, Corekork, Mineralguss o.ä. gefüllt, und beidseitig mit quasiisotropem Laminat belegt als leichte aber steife Kreuzplatte.
Oder als Z-Achse, wobei es da schon wesentlich schwerer werden dürfte da die Belastungen viel vielseitiger und komplizierter sind.

Woanders geht da sicher auch was, aber vorhersehbar dürfte das Ergebnis für den Laien absolut nicht sein.
Und trial and error ist teuer mit Hochmodulkohle, HT Kohle dürfte hingegen viel weniger Vorteile gegenüber Stahl bringen und ist immer noch nicht günstig...

Ach ja, unter den Begriffen lassen sich noch ne Menge mehr Studien und Facharbeiten finden, per Google Scolar, oder auch Massen als pdf wenn man weiß wie man die Paywall umgeht.

Gruß,
Henning

Edit:
Eine ganz andere Frage ist dann natürlich noch ob ein schleichendes Kriechen Probleme macht wo Bauteile fest montiert werden...
Und wer sich die Sauerei antut und eine solche Konstruktion präzise schleifen könnte etc...

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